„Wenn irgendwo Unrecht geschieht, ist überall die Gerechtigkeit in Gefahr.“[1]

Mit diesem bemerkenswerten Satz von Martin Luther King, können wir vielleicht am besten erklären, warum wir uns als Baptistengemeinde in Leverkusen verbunden fühlen mit den Bethel-Diakonissen in Berlin und uns für die Verteidigung ihrer Rechte einsetzen.

Die Geschichte der deutschen Baptistengemeinden verdankt sehr viel der am Ende des 19.Jhdt. entstandenen baptistischen Mutterhausdiakonie, in die junge Frauen sich berufen ließen, Gott und den Menschen als Diakonissen zu dienen. In diesem selbstlosen Dienst für andere verzichteten sie auf ein Gehalt und auf die Gründung einer eigenen Familie, und waren durch ihre bescheidene aber auffallende Diakonissentracht sofort von allen zu erkennen. Nicht nur Kranken- und Seniorenhäuser sind durch diese Lebensform entstanden, sondern auch als „Gemeindeschwestern“ in der Fürsorge und Seelsorge für Kranke und ältere Menschen und im sozial-religiösen Bildungsbereich der Kinder- und Jugendarbeit leisteten diese Frauen wertvolle Dienste an den Menschen. Und ihren Ruhestand verbrachten Diakonissen in einem gemeinsamen Leben in der Regel in ihrem Mutterhaus. 

Wir als Gemeinde Leverkusen kennen seit den Anfängen unserer Gemeinde diesen Dienst der Diakonissen neben dem Gemeindepastor. In den 60er Jahren hat eine junge Frau aus der Gemeinde Leverkusen sich durch diese Vorbilder selbst zu diesem Dienst berufen lassen und ließ sich im Gottesdienst für das „Amt der Diakonie“ segnen / ordinieren. Diese Form des Dienstes für die Menschen, „arm – ehelos – gehorsam in Gemeinschaft zu leben“, ist anscheinend nicht mehr „modern“ und geht wohl zu Ende. Aber auch diese kleiner werdende Gemeinschaft der Bethel Diakonissen in Berlin verdienen es, ihren gemeinsamen Ruhestand in Ruhe und Würde zu verbringen.

Aber im Mai 2022 gingen zwei Bethel-Diakonissen mit Hilfe von „CORRECTIV – Recherchen für die Gesellschaft“ an die Öffentlichkeit und beklagten sich, dass ihnen jetzt im Ruhestand ihre Rechte nicht mehr voll gewährt werden. Unter dem Titel: Diakonie: Der letzte Kampf einer selbstlosen Schwesternschaft sind ihre Beschwerden zu lesen, siehe den Link:

https://correctiv.org/aktuelles/wirtschaft/2022/05/23/diakonie-bethel-berlin-der-letzte-kampf-der-diakonissen/

 Im Sommer 2022 haben acht Diakonissen beim Landgericht Berlin Klage eingereicht gegen die Leitung des Gesundheitswerkes Bethel Berlin. Auf „Betterplace.me“  wird für die Kosten der Rechtsberatung und Rechtsvertretung der Schwestern um Spenden gebeten. Nach zwei Verhandlungen vor Gericht und einem vergeblichen Mediationsverfahren wird für Ende Januar 2024 ein Urteil erwartet.

Als Martin Luther King im April 1963 ins Gefängnis kam, weil er trotz des Verbotes in Alabama einen Protestmarsch gegen die Segregation durchführte, schrieb ihm eine Gruppe weißer Geistlicher, dass es unklug gewesen sei, so zu agieren, und den Frieden im Namen einer „ungeduldigen Gerechtigkeit“ zu stören. Auf diesen Vorwurf der „gemäßigten Weißen“, er agiere in Alabama als „Außenseiter“, antwortete er mit dem heute klassisch gewordenen Satz: „Wenn irgendwo Unrecht geschieht, ist überall die Gerechtigkeit in Gefahr.“  Wir Baptisten in Deutschland erinnern gerne an den Baptistenprediger King und seine Bürgerrechtsbewegung in Amerika. Aber es gilt heute seinem Beispiel zu folgen, und jede Ungerechtigkeit in unseren eigenen Reihen öffentlich aufzudecken und mutig zu bekämpfen.

 

 

[1] Martin Luther King, „Brief aus dem Gefängnis“ 1963, in: Martin Luther King, Freiheit, Oncken-Verlag, 1964, S.186.